Rolex Middle Sea Race 2017

Schon im Winter 2016/17 fragt mich Walther, ob ich Lust hätte, am Rolex Middle Sea Race 2017 teilzunehmen. Er überstellt seine Shipmen 50 im Frühjahr von der Türkei nach Malta. Die „Fidanzata“ wäre also ohnehin am Ausgangspunkt der Langstreckenregatta.

Die Crew ist schnell gefunden, sie besteht zum Teil aus alten Bekannten. Rudi Mayr, Christophe Bertrand, Günter Oedl, Andreas Brugger und ich kennen uns schon von anderen Regatten mit meiner Ganymed. Drei Segler aus Dienten, der zweiten Heimat unseres Skippers Walther Jungwirth, ergänzen unser Team. Siegi Prommegger, Bertl Kollbauer und Sepp Burgschwaiger sind vorläufig noch unbeschriebene Blätter für uns, zumindest was das Segeln betrifft.

Im Laufe des 17. Oktober treffen wir alle in Malta ein. Per gemietetem Minibus verholt sich die Crew in die Grand Harbour Marina, dem Liegeplatz der Fidanzata. Ein Teil von uns befreit das Schiff von unnötigem Ballast. Der wird im Crewbus verstaut. Andere bewaffnen sich mit Zangerl und Schraubenzieher, um diese erst wieder kurz vor dem Start am Sonntag, zumindest kurzfristig, zu verstauen. Lediglich am Donnerstag nehmen wir uns ein paar Stunden Zeit, um zu trainieren.

Fünf Tage intensive Vorbereitungen sind hinter uns. Rettungsinseln verstaut, div. Rettungsmittel montiert und gestaut, Lebensmittel gebunkert und Ersatzteile besorgt. Den Sicherheitscheck, durchgeführt von einem Mitglied des ehrwürdigen Roya Malta Yacht Club, bestehen wir bravourös. Es kann also losgehen.

Samstag, 21. Oktober 2017, 11 Uhr Mittag. 104 Schiffe aus 29 Nationen sind unter der Salutig Battery in Valletta versammelt um auf den Start zu warten. Uns bietet sich ein beeindruckendes Bild. Wann ist man schon mitten in einem derart prominenten Starterfeld. Die Hugo Boss mit Alex Thomson, der die heurige Vendée Globe in einem Herzschlagfinale an Armel Le Cléac’h nur um 36 Seemeilen verlor, Maxi-Racer, allen voran Rambler 88, aber auch Rennmaschinen wie die Leopard, Momo, CQS oder Proteus muss man erst einmal gesehen haben. Vor dem Start defilieren alle an uns vorbei!

Pünktlich um 1100 startet die erste von sieben Gruppen unter dem Donner einer historischen Salutkanone. Wir sind in Gruppe vier und um 1130 dran. Die ersten vier Meilen, hinaus aus Grand Harbour, das Leuchtfeuer Saint Elmo an BB lassend, segeln wir Richtung Nordwest zu einer Tonne vor der Küste. Noch hat das Race den Charakter einer Up-and-Down-Regatta, die Fidanzata macht unter Gennaker guten Speed, die Schiffe liegen knapp beieinander.

Ab der Vorlegetonne wollen wir direkt die Südostecke Siziliens anpeilen. Unter Gennaker sollte das bei dem vorhergesagten Nordwestwind möglich sein. Gegen 2000 kann ich Portopalo ausmachen. Hier war ich schon im Sommer mit der Ganymed. Vorbei an Syrakus, immer nordwestlich bis über Catania hinaus, segeln wir durch unsere erste Nacht. Der Wind wird immer schwächer, erst gegen Sonntag Mittag erreichen wir die Südeinfahrt der Straße von Messina bei Capo Spartivento auf der Festlandseite.

Mühsam ist die Strecke durch die Straße von Messina. Der Wind wird immer schwächer und beginnt du drehen. Die Strömung macht weniger Probleme, da wir uns ganz knapp am Festland halten. Gegen 1800 sind wir endlich durch die Passage durch, der Wind schläft komplett ein. Vom angesagten orkanartigen Nordwest ist noch nichts zu bemerken. Nach zweistündigem Gedümpel trifft der Mistral ein. In kürzester Zeit erreichen die Wellen Höhen von vier bis sechs Metern bei 40 kn Wind. Louay Habib, Journalist des bekannten Segeljournals „Yachting“, hat für diese Nacht „Boatbreaking Conditions“ vorausgesagt. Er sollte Recht behalten! An Schlaf war bei diesem Seegang nicht zu denken.

Halt aus, halt aus

im Sturmgebraus!

                            Karl Valentin

Kurz nach Mitternacht können wir Stromboli umrunden. Bei der Vorbeifahrt an seiner Westseite sind tolle Eruptionen zu beobachten. Der Wind hält auch noch den ganzen Montag an. Die Wellen beuteln uns ordentlich durch. Dank der harten Burschen aus den Bergen gibt es doch etwas zu Essen. Und wenn es nur Astronautennahrung aus dem Sackerl ist. Bergretter scheuen offensichtlich auch vor Wellenbergen nicht zurück. Heute ist auch der Tag, an dem fast alle von uns Neptun ein kleines Opfer darbringen.

Also fällt es uns nicht schwer, als wir gegen den frühen Montag Abend an Palermo vorbeikommen, einen Abstecher in den Hafen zu machen um uns auzurasten. Unser Platz im Ranking ist es nicht wert, dass wir uns weiterhin schinden. Also übernachten wir in Palermo in den salzwassernassen Kojen.

Dienstag, 24.10., 6 Uhr, laufen wir wieder aus. Mit repariertem Reff 2 und Westwind, deutlich unter 30 kn, geht unser Kurs um die Westhook Siziliens durch ein Gate in den Egadischen Inseln, der Insel Marettimo und Favignana, das wir am Abend passieren. Die Nacht über sehen wir Pantelleria an Backbord, bevor wir am Mittwoch vormittags Lampedusa ansteuern. Jetzt beginnt der letzte Schlag nach Malta zurück. Auf den letzten Meilen vor Malta fangen wir die „Vostok Service“, noch ab. Bei Pantelleria und Lampedusa war sie jeweils noch eine Meile vor uns. Unsere geschundenen Seelen brauchen dringend diesen „Catch oft he Day“.

Jetzt nur noch die Durchfahrt zwischen Gozo und Malta. Dann die paar Meilen zur Einfahrt in den Hafen von Marsamxett. Ein übermüdetes Mitglied des Schiedsgerichts empfängt uns um 0220 über Funk. GESCHAFFT!

 

Fazit:

  • Von 104 gestarteten Schiffen kommen 35 ins Ziel.
  • In der Klasse ORC erreichen wir den 22. Platz von 25
  • In der Klasse 4 erreichen wir den 5. Platz
  • Insgesamt brauchen wir 5 Tage, 3 Stunden, 13 Minuten und 29 Sekunden für die 681 Seemeilen.

 

Nachträglich kann ich feststellen, dass das RMSR 2017, zusammen mit dem Ecker 1000-Meilen-Race 2012, zu meinen anstrengendsten Regatten gehörte. Und da kommen in 40 Jahren schon einige zusammen. Am meisten kämpfe ich bei Langstreckenregatten immer wieder gegen den Schlafentzug. Darum sollt das letzte 1000-Meilen-Race von Pitter 2015 auch meine letzte Langstrecke sein. Aber anscheinend muss es auch eine Allerletzte geben.

 

 Film: The Spirit of Yachting – Rolex Middle Sea Race 2017.

Film: Interwiev von Günter und Andreas zum RMSR.

 

KOMMENTARE:

Servus Peter!

Gentlemen!

Gratuliere zu diesem bestens gelungenen Bericht aus dem Blickwinkel eines Crewmitglieds!  Dass die „Mischung“ in der Mannschaft auf der FIDANZATA gestimmt hat, das zeigt nicht nur, dass ihr euch bravourös ins Ziel durchgekämpft habt, wo jeder, der über die Ziellinie gesegelt ist, ein wahrer Sieger war, sondern das habe ich auch – dank eurer freundlichen Einladung! – bei eurem „Siegesmahl“ in erweiterter Besetzung an der großartigen Stimmung dort leicht feststellen können. 

In diesem Sinne nochmals mein Kompliment:  WELL DONE, FIDANZATA!

Fair winds!

Albrecht (von der weniger kämpferisch veranlagten JINGS!)