Punat – Grado – Monfalcone. Stresstest für Solaris-Eigner.

JÄNNER 2012

In Salzburg liegt Schnee, die Gedanken kreisen aber schon über der nahenden Segelsaison. Im Herbst ist Ganymed bei einem gewaltigen Tramontana in der Marina Punat stark beschädigt worden. In mehreren Gesprächen mit der Werft Se.Ri.Gi. bespreche ich mein Problem bezüglich der Reparatur der Sturmschäden.

Auf der „boot“ in Düsseldorf vereinbaren wir schließlich, dass ich Anfang März mit dem Schiff in die Werft komme um zu Saisonbeginn im Mai eine runderneuerte Yacht zu haben. Anfang März wird der 19. des Monats fixiert. An diesem Tag ist die Flut so hoch, dass eine Einfahrt durch die Natissa zur Werft möglich ist.

 

MÄRZ 2012:

Am 16. März, der Tag ist warm und nicht besonders windig, nehmen wir die Persenning ab und schlagen die Segel an. Gerhard und Günter von der „Starlight“ sind mit mir angereist, um mir dabei zu helfen. Am 17. sind noch Kleinigkeiten zu erledigen, bevor wir gegen Mittag ablegen. Auf der Fahrt nach Rabac kommen wir nur für ca. 10 Meilen zum Segeln. Erst am nächsten Tag bläst konstanter Nordwind, welcher uns bis zum frühen Abend nach Umag bringt. Das Einklarieren am 19. früh kann erst ab 8 Uhr erfolgen, die Behörden sind noch im Winterschlaf.

Bedingt durch das verspätete Auslaufen nehmen wir die kurze Strecke nach Grado unter Maschine in Angriff. Bis 9 Uhr, die Zeit des vormittäglichen Hochwassers, wird es knapp werden! Wir sind zu dieser Jahreszeit fast alleine unterwegs als drei Meilen vor der Ansteuerungstonne Grado ein schnelles Motorboot in Sicht kommt. Von Weitem erinnert das futuristische Design an Boote aus James-Bond-Filmen. Beim Näherkommen entpuppt sich das Teil als Schnellboot der Guardia di Finanza.

Den Burschen ist offensichtlich langweilig. Im letzten Augenblick schlagen sie einen spektakulären Haken, kommen längsseits, signalisieren lässig die Maschine zu stoppen. Filmreif! Nach den üblichen Fragen des Woher und Wohin will man auch die Schiffspapiere sehen. Der Wellengang vor Grado macht dem Motorboot ordentlich zu schaffen, was die Übergabe der Papiere ziemlich stressig macht. Unsere Ganymed liegt ganz ruhig.

Zuletzt will der Kommandant noch die Ausweispapiere von uns sehen. Wieder eine spektakuläre Übergabe. Riesige Fender der Zöllner verhindern schlimmeres Unheil am Schiff, unsere Personalausweise jedoch entgleiten dem Beamten und landen in der Adria. Hektische Bergungsversuche der Beamten führen nicht zum Erfolg. Nach wenigen Minuten sind die Ausweise versunken und für immer verloren. Wir können jedoch feststellen, dass die Finanzer eigentlich einen wunderbaren großen Kescher mit 2 m langem Stiel haben. Schön, hätten sie den vorher ausgepackt.

Unsere Verspätung beim Einlaufen in die Lagune wird immer größer. Als wir schließlich um 11:50 Uhr in der Marina San Marco festmachen, haben wir etliche Grundberührungen hinter uns sowie einige Furchen in Grados Lagune hinterlassen.

Ulli holt uns mit dem Auto ab. Auf dem Heimweg schauen wir noch kurz bei Se.Ri.Gi. vorbei, übergeben eine Liste der anstehenden Arbeiten und vereinbaren, dass Alessandro am Abend das Schiff in die Werft überstellt. Um 21:30 ist die einzige Springflut für lange Zeit, die das ermöglicht.

 

APRIL 2012:

Nach vielen Telefonaten und Mails weiß ich Anfang April nicht genau, ob mit den Arbeiten wirklich begonnen wurde und ob Ganymed schon in der Werft ist oder noch in Grado steht. Inzwischen habe ich schon gehörigen Termindruck, weil ich nämlich für den Kornati Cup gemeldet habe. Mit der rekrutierten Crew muss ich spätestens am 26. April in Murter sein. Schön langsam erkennt die Werft, dass mein Terminwunsch einen realen Hintergrund hat. Sechs Wochen sind ohne jede Aktivität vergangen. Der Weg zur Werft ist wegen angeblich für lange Zeit niedrigen Wassers versperrt. Man beschließt, die Lackierarbeiten an die Marina Hannibal zu übertragen, die Oberaufsicht bleibt selbstverständlich bei der Werft! Da mittlerweile der April fast vorbei ist muss ich diesem Arrangement wohl oder übel zustimmen. Mein Termin beim Kornati Cup ist wahrscheinlich futsch.

Gefühlte hundert Telefonate und Mails später stellt sich heraus, das Ganymed noch immer in Grado steht und exakt nichts daran gearbeitet wurde. Schweren Herzens muss ich den Kornati Cup endgültig absagen. Der Veranstalter Pitter ist so freundlich, uns die Startgebühr für die nächste Regatta, den Business Cup, anzurechnen. Also – zurück zum Start – neue Crewmitglieder suchen und die gesamte Logistik mit Autoanreise usw. ändern.

 

 

MAI 2012:

Erst in den ersten Maitagen überstellt Alessandro die Ganymed nach Monfalcone und der ganze Zirkus beginnt von vorne. Neue Kostenvoranschläge für die Versicherung, neue Ansprechpartner, noch einmal erklären, warum der Termin, diesmal der 16. Mai, so wichtig ist. Am 9. Mai reißt mir die Geduld, ich setze mich ins Auto und fahre nach Monfalcone. Ganymed ist mittlerweile entmastet in der Lackierbox. Einige Beschläge sind abmontiert, ansonsten niemand weit und breit zu sehen. Wie durch ein Wunder gelingt es mir, den verantwortlichen Leiter der Lackiererei und den Chef der Werft zusammen ins Marinabüro zu bringen. Man gibt sich höchst erstaunt über den geplanten Endtermin. Von meinen dutzenden Mails und Anrufen hat man nie etwas gehört.

Ich kann die Herrschaften schließlich davon überzeugen, wie wichtig der Termin für mich ist. Man will bis spätestens 17. Mai fertig mit den Arbeiten am Rumpf sein. Ausbesserungsarbeiten am Mast gehen sich auf keinen Fall mehr aus. Schade, wo doch der Mast so schön auf Schrägen liegt. In 3 bis 4 Stunden wäre alles leicht erledigt.

Auch mit Se.Ri.Gi. führe ich ein ernsthaftes Telefonat wegen der Abarbeitung der restlichen Arbeiten in der Liste. Resümee: „Am Montag (14.5.) machen wir noch die Fenster fertig und am Mittwoch gehst du spätestens ins Wasser“ (Originalton Paolo, Chef von Solaris).

Skeptisch durch die Erfahrungen der letzten Wochen reise ich bereits am Mittwoch, 16. Mai an. Die Lackierarbeiten sind fertig und sehr schön ausgeführt. An den Salonfenstern wird noch gearbeitet, im Inneren des Schiffes herrscht Chaos. Alle Verkleidungen sind abgenommen, die Elektrik des Mastes ist nicht angeschlossen, Wasser ist nach wie vor durch die Luke des Vorschiffs eingedrungen, sodass die Matratzen und die Lederpolster des Salons, welche sinnvollerweise darunter gelagert waren, total durchnässt sind. Von der To-do-Liste der Werft wurde nicht ein Punkt erledigt mit Ausnahme des Austausches der Salonfenster, die noch auf Garantie gewechselt wurden.

Nach wütenden Anrufen in der Werft kann ich erreichen, dass noch am gleichen Tag die Elektrik des Mastes angeschlossen wird und die Luke im Vorschiff zur Reparatur ausgebaut wird. Es regnet in Strömen sodass nicht an den Salonfenstern weitergearbeitet werden kann. Zum Glück ist am nächsten Tag strahlendes Wetter. Die Fenster werden finalisiert, die Luke wieder eingebaut. Alesssandro behebt noch eine Störung in der Elektrik des Bugstrahlruders und div. Kleinigkeiten bevor wir am frühen Nachmittag ablegen.

 

Fazit: WER NIE EIN SCHIFF BESASS DER WAS AN SCHAS!