Ecker-Cup 2012 1.000-Meilen-Race

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Der Ecker-Cup 2007 ist nicht besonders erfolgreich verlaufen. In einer nächtlichen Patenthalse verlieren wir bei Sturm im Süden des Peloponnes einen Teil unserer elektronischen Geräte. Die Großschot hat sich am Steuerstand verfangen und diesen arg in Mitleidenschaft gezogen. Wir laufen nach Milos ab um unsere Wunden zu lecken. Das Race ist praktisch gelaufen.

Gott sei dank bin ich nicht mit dem eigenen Schiff unterwegs sondern als Crewmitglied bei Walther, ein Freund aus unserem Turnverein, auf seiner Shipmen 50. Trotzdem versteige ich mich zu der Aussage, den nächsten Ecker-Cup mit meinem eigenen Schiff zu bestreiten. Damals hatte ich noch eine Dehler 39, die sich in etlichen Regatten bestens bewährt hat.

2009 steige ich auf eine Solaris um. Das Schiff ist eigentlich für mich zu Schade, um damit Regatten zu fahren. Aber je näher der Termin des nächsten Ecker-Cup kommt, um so größer wird der moralische Druck, der auf mich ausgeübt wird, und ich bin ja bekanntlich einer, der schwer zu etwas nein sagt. Also beginnen wir mit der Zusammenstellung der Crew an X minus 12 Monaten. Bald ist klar, dass der SKK (Spiel- und Konditions Klub) sechs Mann stellt, eine Frau will mit uns das Abenteuer wagen. Ehrgeizig wie wir sind, stecken wir uns natürlich auch ein Ziel. Nach berechneter Zeit wird es nicht einfach sein, weit vorne im Ranking zu landen. Zu viele „Spezialisten“ sind gerade bei dieser einzigartigen Regatta dabei. Daher definieren wir schon bei der ersten Crewbesprechung

DAS BLAUE BAND

als zu erreichende Trophäe. Wenn wir wirklich zwei Wochen voll konzentriert bei der Sache sind und uns möglichst wenige seglerische Ausrutscher erlauben, könnte es im Bereich des Möglichen sein.

Am 30. September fahre ich nach Punat um das Schiff für den Cup klar zu machen. Es soll von allen Dingen befreit werden, die wir nicht unbedingt brauchen und somit unnötiges Gewicht bedeuten, vor allem soll das Unterwasser neu gestrichen werden. Krantermin Montag, 1. Oktober, 0900. Und da passiert es auch schon. Die Krangurte verfangen sich im Propeller und reißen diesen ab.

Bis Mittwoch abends braucht die Werkstätte um festzustellen, welche Ersatzteile wir für den Saildrive benötigen. Nach gefühlten hundert Telefonaten bestellen wir die Volvo-Teile in Belgien, ein baugleicher Propeller liegt zufällig bei Serigi auf Lager. Am Freitag habe ich noch ein Seminar in Wetterkunde bei Andreas Hanakamp in Wiener Neustadt gebucht. Auf dem Weg dorthin besorge ich den Propeller in Aquileia. Eigentlich ist das Seminar entbehrlich. Nicht nur wegen der Tatsache, dass in meinem Hinterkopf ständig die Frage herumgeistert, ob die Ersatzteile am Montag in Punat sind. Ich erfahre, dass die Wetterkunde unendlich viele Geheimnisse birgt und man sich im Grunde nur dann zurechtfindet, wenn man sich monatelang mit einem bestimmten Revier beschäftigt, und auch dann . . . ? ? ?

Tatsächlich kommen am 8. Oktober die Ersatzteile von Volvo, sodass sie von der marinaeigenen Werkstätte eingebaut werden können. Am 10. Oktober gegen Mittag erreiche ich selbst mit Gerhard die Marina. Zuerst einmal alles bezahlen denn – ohne Kohle kein Krantermin. Mittag ist aber die Ganymed wieder in ihrem Element. Wir beginnen sofort mit dem Bunkern. Am Nachmittag kommt der Rest der Crew.

Das Blue-Ribbon-Regattateam kurz vor der Abfahrt in Punat.
Hinten: Karin, Ivo, Gerhard, Günter, Gerhard. Vorne: Stoffl und Peter.

 

Um 1130 des nächsten Tages legen wir Richtung Zadar ab. Vorher wird noch die Regatta-Genua angeschlagen. Bei leichten Winden kommen wir bis Olib, am Freitag motoren wir bei teilweise strömendem Regen bis Zadar. In der Marina Zadar ist das Wettfahrtbüro von Ecker eingerichtet, hier fassen wir die Startnummern aus und melden uns an, die Blackbox für die Motorüberwachung installieren zu lassen. Die mit der Installation betrauten Mitarbeiter kämpfen mit der massiven Bauweise der Solaris, bezeichnen sie als Fort Knox unter den Segelbooten, die an der Regatta teilnehmen. Nach mehrstündigen Bemühungen führt ein Draht von der Lichtmaschine zum Schalthebel, die Blackbox mit integriertem GPS-Sender arbeitet.

 

Der Start ist für Samstag, 13.10., um 12 Uhr geplant, verschiebt sich aber um zwei Stunden. Ob wegen fehlendem Wind oder nicht fertig installierter Blackboxen können wir nicht feststellen. Tatsächlich findet der Start direkt vor Zadar in Richtung Norden statt. Der erste Vorwindstart in meiner Regatta-Karriere. Bedingt durch den extremen Schwachwind erreichen wir nicht einmal den favorisierten Startpunkt in der Nähe des Startschiffes, starten also aus der Mitte des Feldes heraus, gehen erst fünf Minuten nach dem Startschuss über die Linie. Trotzdem läuft es für uns bei drei bis sieben Knoten Wind gut. Wir sind im Nu vor dem gesamten Feld und können unseren Vorsprung in den ersten Stunden enorm ausbauen. Nach vier Stunden sind wir an der Nordspitze von Sestrunj, haben also erst ca. 13 Meilen hinter uns.

Den ersten Seglern sind schon lange die Nerven gerissen und sie starten ihren Motor, einige von ihnen überholen uns jetzt. Diejenigen, die noch immer segeln, sind nur mehr mit guten Ferngläsern zu sehen. Etliche unserer Kontrahenten biegen nördlich von Rivanj wieder nach Süden ab, weil sie entlang der kroatischen Küste bessere Verhältnisse erhoffen. Unsere Strategie, die wir nach Studium der Wetterkarten und Telefonaten mit unserem Router in Italien festlegen, ist es, so schnell wie möglich die italienische Küste zu erreichen. Angesichts der vielen südwärts fahrenden Schiffe werden wir kurz unsicher, bleiben aber unserer einmal gefassten Strategie treu. (Wichtige Erkenntnis aus dem Hankamp’schen Semimar: Lege eine Strategie fest und halte dich daran!).

In der engen Durchfahrt zwischen Molat und Sestrunj bzw. Dugi Otok ist es bereits finster. Wir wähnen uns in einem Motorbootrennen, so viele Segler rauschen des nächtens an uns vorbei. Erst gegen 23 Uhr wird es ruhiger. Mit beschaulichen zwei bis drei Knoten segelt Ganymed Kurs ssw, später süd zum Gargano. Je südlicher wir kommen, umso besser wird der Wind. Montag Mittag passieren wir Vieste. Entlang der Küste, von Bari über Monopoli bis kurz vor Brindisi brettern wir mit ablandigem Wind und wenig Welle wie auf einer Autobahn dahin. Das Ende der Euphorie ereilt uns am Dienstag, den 16.10, im Morgengrauen. Die Genua bekommt einen sechs Meter langen senkrechten Riss im vorderen Drittel des Segels.

Was tun? 13 Meilen bis Brindisi, dort nach einer Möglichkeit für die Reparatur zu suchen, scheint uns die beste Alternative. In der Marina finden wir ziemlich rasch Salvatore. Er beaufsichtigt einige private Yachten und kennt Alles und Jeden. Mit seinem Privatauto bringt er uns zur 40 km entfernten Segelmacherei Veleria Montefusco in Lecce. Die dortigen Profis erkennen unsere Lage und helfen uns spontan, lassen alles liegen und reparieren unser Segel professionell. Bei der Rückfahrt steuert Salvatore noch einen Baumarkt an, wo wir einen Gewindeschneider kaufen sowie einen Yachtshop um Schrauben für das Vorstag zu besorgen. Während Felbi und ich noch eine Dusche genießen, repariert Günter mit den anderen das Vorstag. Gegen 16 Uhr können wir auslaufen und das Race wieder aufnehmen.

In der Nacht zum 17. Oktober passieren wir Otranto und halten uns weiter genau südlich. Erst um 0600 ändern wir 26 sm sso-lich von Santa Maria de Leuca den Kurs auf Südost, um in den ersten Stunden des 18. Oktober Zakynthos in Sicht zu bekommen. Nach einem kurzen Schlag von 20 sm nach sw legen wir am Mittwoch, um 0800, wieder nach südost um, und erreichen den westlichen Finger des Peloponnes. Die 80 sm haben wir um ca. 2200 absolviert. Jetzt beginnt der Approach von Kalamata. Um 0116 UTC (0315 Ortszeit) sind wir am Ziel der ersten Etappe angekommen. Sieben Schiffe sind erst in der Marina, was mich einigermaßen irritiert. Rasch stellt sich heraus, dass wir trotz des langen Aufenthalts in Brindisi sauschnell gesegelt sind. Nach berechneter Zeit sind wir an vierter Stelle! Wer hätte das noch vor zwei Tagen gedacht?

Am Samstag Vormittag laufen unsere Freunde vom SKK mit der Lizza Forte ein. Sie wählten den Weg entlang der kroatischen Küste, wo sie nicht so viel Glück mit Wind und Wellen hatten, wie wir. Aber auch auf der Lizza Forte gilt: Aufgegeben wird nur ein Brief!

Endlich können wir so richtig ausschlafen. Den Hafentag nützen wir für kleinere Reparaturen und Takelarbeiten am Schiff. Im Ort erstehen wir einen griechischen Internet-Stick. Leider ist die Installationsanleitung nur in Griechisch, was uns verunmöglicht, das Ding zum Laufen zu bringen. Ivo quatscht eine junge Familie an, die am Steg die Schiffe ansieht, ob sie uns nicht helfen können. Tatsächlich lösen sie das Problem. Der Stick arbeitet während des gesamten Törns.

Unsere Route auf der Seekarte

 

Am Samstag, 20.10., um 16 Uhr, ist der Start zur 2. Etappe anberaumt. Diesmal weht es zumindest um die 10 Knoten, ein astreiner Start ist daher möglich. Trotzdem ist konzentriertes Leidchtwindsegeln angesagt, jede Bö muss ausgenutzt werden. Am Ostufer des Golfs ist der Weg etwas kürzer, wir sind aber der Meinung, dass in der Mitte des Golfs besserer Wind ist. Die Strategie passt! In der ersten Stunde nach dem Start darf der Motor nicht benützt werden. Das verschafft uns gleich wieder einen großen Vorsprung. Allein die White Arrow (Salona 44) macht jede unserer Schläge mit und kommt somit auch vom Feld weg. Bei Einbruch der Dunkelheit fallen unsere Positionslichter kurz aus. Jetzt müssen unsere Lieblingsnachbarn den Weg selbst suchen, wir können endlich in Ruhe dem Feld voraussegeln.

Nach 30 Meilen kommt endlich besserer Wind auf. Der eigentliche Turbo zündet ab Kap Tainaro mit der Kursänderung auf Südost. Bis zur Südspitze von Kythira und weiter nach Osten quer über die Ägäis fällt der Speed selten unter acht Knoten. Die 220 sm von Kythira bis zum Nordkap von Karpathos segeln wir in 26 Stunden. Zwischen Vollzeug und Reff 3 mit zusätzlich gereffter Genua wechseln wir permanent. Erst südlich von Rhodos bremst sich der Wind ein. Kurze Strecken unter Motor sind genauso drinnen wie Wind bis 15 Knoten.

Durch den ständigen Südostwind kreuzen wir fast alles und können so die tollen Am-Wind-Eigenschaften der Solaris voll nützen. Im Golf von Antalya dreht der Wind auf Nordost und schwächt zugleich stark ab. Die letzten 80 Meilen erfordern viel Geduld und Ausdauer. Nach so langer Zeit am Schiff nicht einfach. 13 Meilen vor Alanya müssen wir dann doch die Maschine anwerfen, sonst treibt uns der Strom weiter ab als wir segeln können. Am 24. Oktober 2012, um 1830, überqueren wir die Ziellinie in Alanya.

Video zur Siegerehrung

 

So sehen Sieger aus!

 

Insgesamt haben wir in den beiden letzten Wochen 1.433 Meilen in 259 Stunden 30 Minuten zurückgelegt und damit das Blaue Band gewonnen.

Nach berechneter Zeit ergibt das 279 Stunden 31 Minuten und bedeutet den 3. Platz in der Klasse „Racer“ sowie den 4. Platz in der Gesamtwertung.

Das Objekt der Begierde: Die Trophäe für das Blaue Band.

 

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GANYMED segelt nach Hause, geschmückt mit dem Zeichen des Sieges:
Blau ist das Band für das schnellste der Schiffe in rauschender Wettfahrt!
Peter, der Skipper, er segelt voll Stolz und mit breiterer Brust nun,
Sind doch die heimlichen Träume vom Sieg mit Tatkraft verwirklicht!
Zadar nur langsam sah man verschwinden nach flauem Beginne,
Bald aber zeigte die Adria Zähne mit stürmischen Winden,
Forderte Opfer von allen, der Mannschaft wie auch vom Schiffe.
Segel zerrissen, erschien wohl dahin auch die Chance zu siegen.
Niemals verzagen und weiterhin kämpfen – so hieß die Devise,
Brindisi lag ja beinahe am Wege ins Ionische Meer doch.
Segelnd mit wechselnden Winden geht es zum Peloponnes hin,
Kaum dass der Motor jemals zu Hilfe wurde genommen.
Voll und intakt war’n daher noch die Chancen im weiteren Rennen,
Blieben doch mehr als fünfhundert Meilen vorm Bug bis Alanya!
Querend in rauschender Fahrt die Aegaeis knapp nördlich von Kreta
Ging’s wie im Fluge beinahe bis hin an das Südkap von Rhodos,
Ganz ohne Radar und dennoch verlässlich fand man die Kurse
Zwischen manch dräuender Klippe, oft nur von Blitzen erleuchtet,
Segelnd auf schäumenden Wogen bis hin ans türkische Ufer!
Sieg dort für GANYMEDS Mannschaft, die glorreichen Sieben der Meere!
Neben dem silbernen Pott für Rang 3 in der Gruppe der Racer
Ziert nun die Mannen um Peter samt Karin, der stürmischen Schwester,
Passend zum Blau ihrer Jacken, das Zeichen des Sieges: BLUE RIBBON –
Lohn für glänzend bestandene Prüfung als erfolgreiche Mannschaft!

Für Peter und sein siegreiches Regatta-Team auf der GANYMED
Albrecht Seer
GAIOS – PAXOS, am 10. November 2012

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Hier ist der Artikel der Yachtrevue über den Ecker-Cup 2012 zu lesen: