Business Cup 2012

PROLOG

Für den Herbst 2012 ist die Teilnahme am Ecker Cup vorgesehen. Dazu ist zum Einen ein ORC-Messbrief für das Schiff notwendig und zum Anderen wollte ich schon vorab einmal sehen, wie schnell ich mit Ganymed im Vergleich zu anderen Booten, die mit guten Seglern besetzt sind, bin.

Als vermeintlich leichte Übung habe ich im Februar schon einmal begonnen die Unterlagen für den Messbrief aus dem Netz zu laden, die Formulare mit Maßen und Gewichten soweit auszufüllen, als die Daten bekannt waren. Die fehlenden Maße habe ich Ende Februar, im Rahmen eines Besuchs in der Marina Punat, am Schiff nachgemessen und eingetragen. So weit so gut. Den Bootspeed wollen wir im Rahmen des Kornati Cup vergleichen.

Nach Übermittlung der Antragsformulare an den österreichischen Chefvermesser Blondl stellt sich aber heraus, dass die Unterlagen im Netz veraltet sind. Seit 2012 werden viel genauere Unterlagen benötigt, welche auch exakte Angaben des Unterwasserschiffs beinhalten. Dazu bekommt man üblicherweise die Daten aus der EDV des Konstrukteurbüros oder der Werft. Nicht so bei Solaris. Die Werft rückt die Daten nicht heraus und beruft sich auf den Konstrukteur Bill Tripp, der dies anscheinend nicht zulässt. Man steht auf dem Standpunkt, dass die ORC-Datenbank eine Börse für Wasserlinien von schnellen Schiffen sei, weil die Daten für jedermann einsehbar sind.

Es bleibt also nur die Möglichkeit, das Schiff mittels Scanner zu vermessen, um zu den (wahrscheinlich gleichen) Daten zu kommen. Die aufwändige Prozedur kann nur von wenigen offiziellen Vermessern durchgeführt werden. Blondl vermittelt mir einen davon aus Kroatien, zum Preis von 3.000 Euro plus Spesen. Die Kommunikation mit ihm ist äußerst mühsam, sodass wir einen Ersatz suchen und auch in Italien finden. Der verlangt zwar nur 1.000 Euro, ist aber ebenfalls nach wenigen Wochen nicht mehr erreich- und ansprechbar.

Mittlerweile ist die Frist für die Teilnahme am ursprünglich geplanten Kornati Cup abgelaufen. Aber der muss ohnehin abgesagt werden, weil auch die Reparaturarbeiten am Schiff stockend vorankommen. Mit Blondls Hilfe machen wir wieder einen Kroaten für die Vermessung ausfindig. Alen verspricht, ganz sicher nach Monfalcone zu kommen und den Job zu erledigen. Der Termin meiner Abreise aus Monfalcone rückt immer näher, also organisiere ich, falls die Vermessung meines Rumpfes nicht mehr möglich ist, dass die Arbeiten an einem Schwesterschiff gemacht werden können.

Am Tag vor der Vermessung erfahre ich, dass Alen bemerkt hat, dass Kroatien nicht in der EU ist, er eine Arbeitsgenehmigung für die Vermessung in Italien braucht und diese zu besorgen sehr sehr kompliziert ist. Also: wieder nix! Wir werden also in Biograd mit einem provisorischen ORC-Messbrief antreten müssen. Das Malheur betrifft auch die zweite am Start befindliche Solaris 48 „Sunny side up“ eines Grazer Rechtsanwalts, der die Imponderabilien aus sicherer Entfernung beobachtet.

Kurz bevor wir in Monfalcone Richtung Biograd auslaufen erreicht mich Blondl telefonisch. Der kroatische Chefvermesser Zoran hat Bill Tripp überredet, die Daten doch herauszugeben. Das hätten wir auch einfacher haben können!

 

 

17. MAI 2012:

Mittlerweile steht Ganymed über 9 Wochen in Italien. Die Arbeiten sind alles andere als erledigt. Im Süden ticken die Uhren eben doch anders. Gegen Nachmittag sind die Arbeiter von Se.Ri.Gi. und der Marina Hannibal soweit, dass wir zumindest auslaufen können. Mit Vollgas dampfen wir nach Umag um vor „Ladenschluss“ noch anzukommen. Eine freundliche Zöllnerin fertigt uns noch ab, obwohl sie mindestens drei Mal betont, schon 20 Minuten über ihrer Arbeitszeit zu sein. Italiener, die unmittelbar nach uns ankommen, haben weniger Glück und müssen bis zum nächsten Tag warten. Es ist noch hell, daher beschließen wir, noch bis Rovinj weiterzufahren, wo wir in der Bucht ankern. Es stinkt fürchterlich nach faulen Eiern. Wir vermuten die Quelle des Gestanks in einem nahen Abwasserkanal. Im Laufe des Abends wird die Geruchsbelästigung weniger.

 

18. MAI 2012:

Heute baut sich schon früh herrlicher NW-Wind auf. Die 85 Meilen nach Molat brausen wir, bis auf 5 Meilen, unter Segel. Auch hier stinkt es schon kurz nach dem Anlegen brutal im Schiff. Misstrauisch geworden schnüffeln wir alle Luken und Schapps ab und werden tatsächlich unter dem Bett der BB-Kabine fündig. Eine der beiden Starterbatterien verströmt den Duft und ist auch ziemlich warm.

 

19. MAI 2012:

Wegen Flaute legen wir die restliche Strecke nach Biograd unter Motor zurück. Um 13 Uhr erreichen wir die Marina und beginnen sofort die Segel abzuschlagen und zur Vermessung zu tragen. Bei Eignerschiffen wird das offensichtlich ganz genau gehandhabt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sämtliche Schiffe von Vercharterern, z.B. der Firma Pitter, ebenfalls so genau vermessen werden. Anyway – auch so kann man den Tag „sinnvoll“ verbringen.

 

20. MAI 2012:

Sehr wenig Wind. Trotzdem trainieren wir Wenden und Halsen. Letztere funktionieren dann auch irgendwann reibungsfrei. Lediglich die Vorwindkurse machen uns Sorgen. Wir suchen krampfhaft nach einer Lösung, den an und für sich viel zu langen Spibaum zum Ausbaumen der Genua zu verwenden. Ivo hat zwar viele Ideen wie es gehen könnte, der große Durchbruch bleibt uns aber versagt. Fazit: der Spibaum wird nicht verwendet.

 

21. MAI 2012:

Heute ballert die Bora zur Abwechslung mal so richtig. An ein Auslaufen und die Abhaltung von fairen Wettfahrten ist nicht zu denken. Wir nutzen die Zeit und holen einen Elektriker an Bord. Schnell stellt er fest, dass der Ladeverteiler in Ordnung ist aber die Batterie einen Kurzschluss hat. Daher der Gestank.

 

22. MAI 2012:

Endlich kommt mäßiger Wind auf, der sich in kürzester Zeit zwischen 10 und 15 Knoten aus NW einpendelt Vor Pakostane trifft sich das Starterfeld zur ersten Wettfahrt. Der Start gelingt uns ausgezeichnet. Mit mehreren Booten sind wir ganz vorn an der Startlinie, denken wir zumindest. An der ersten Luvtonne haben wir schon über 400 m Abstand auf den Zweiten, die Les Sables. Die Plätze hinter uns wechseln mehrfach, der Abstand zum Zweiten vergrößert sich nurmehr langsam. Beim Zieleinlauf vor der Lady X/Schönauer und Samoa/Rihl warten wir vergeblich auf den erlösenden Schuss. Blondl meint nur lapidar: Frühstart! Aber wir haben zumindest gesehen, dass wir sauschnell sind.

Bei der anschließenden zweiten Wettfahrt haben wir einen legalen Start. Zwei Chartergurken behindern uns in Luv so, dass es kein Vorbeikommen gibt. Schweren Herzens legen wir um und wählen den Weg durch die Mitte zur Luvtonne, wo wir diesmal als Dritte, nach Lady X und Samoa ankommen. Auf der 2. Kreuz können wir einen Platz aufholen, liegen aber immer noch 500 m hinter Lady X. Besonders auf Vorwindkursen ist sie, dank einer Riesengenua, sehr schnell. Im Ziel sind wir schließlich 600 m hinter der X-Yacht auf gesegeltem 2. Platz. Hinter uns Samoa und Natus/Offner.

 

23. MAI 2012:

Am Vormittag sieht es überhaupt nicht nach Wind aus. Blondl jedoch riecht schon einen Hauch und lässt uns in Richtung Pakostane motoren. Gegen 14 Uhr ist es dann soweit, der Start zur 3. Wettfahrt beginnt. Nach unspektakulärem Start sind wir wieder Erste an der Luvtonne, dicht gefolgt von Lady X und Peter Bartl mit der zweiten Solaris 48 im Feld. Auf der ersten Vorwind tut sich nichts Besonderes. Die zweite Kreuz gelingt super sodass wir wieder mit großem Vorsprung an der Luvtonne sind. Auf der anschließenden Vorwind kämpft die Samoa/Rihl ordentlich mit unseren beiden Verfolgern. Letztendlich wird sie vierte hinter Ganymed, Lady X und Sunny side up nach gesegelter Zeit.

Gleich anschließend 4. Wettfahrt. Start mitten im Feld. Viel besser geht es aber unseren unmittelbaren Konkurrenten auch nicht. Wir können unseren Speedvorteil nicht optimal nützen, weil uns in Luv die Caipirinha, eine Bavaria 47, abdeckt und so die ersten paarhundert Meter einbremst. Aber schon bald sieht die Sache wieder besser aus, wir kommen frei. Die „Sunny side up“ hat es offenbar darauf angelegt nur mehr uns als Gegner zu sehen als sie sich auf uns drauflegt. In ihrer Abdeckung nützt auch das kleine „Eitzerl“ Speed, das wir normalerweise schneller sind, nichts. Verzweifelt versuchen wir mit Wenden und Scheinwenden zu entkommen, ohne Erfolg. Lady X und die anderen Konkurrenten haben freieren Wind und holen mit jeder unserer Aktionen weiter auf. An der Luvtonne führt sogar die X mit 190 m Abstand zu Bartl und weiteren 96 m zu uns.

Auf der Vorwind ist sowieso nichts zu holen, es verändert sich auch den Abständen nur Marginales. Die zweite Kreuz wird wieder zum Duell der beiden Solaris mit dem Ergebnis, dass, wenn sich zwei streiten, der dritte sich ins Fäustchen lacht. An der Luvtonne hat die Lady X bereits 500 m Abstand zu uns, den sie auch auf Vorwindwurs hält, somit den 1. Platz nach gesegelter Zeit erzielt. Als nächster läuft Peter Bartl und 70 m dahinter wir ein. Eines habe ich auf jeden Fall gelernt. In so einer Situation muss man viel aggressiver reagieren sonst bleibt man über. Gratulation an die „Sunny side up“.

 

Rückblick und Ergebnisse: Businesscup 2012