1000-Meilen-Race
In meinem Leben bin ich nun schon wirklich viele Regatten gefahren. Von Jollen und Katamaranen an Seen bis zu Dickschiffen am Meer. Mal an der Vorschot, dann als Skipper, mal auf Booten von Freunden und dann wieder auf eigenem Kiel. Meist waren es Dreiecksregatten. In den letzten Jahren wurden Up-and-Down-Kurse modern. Aber auch einige Navigationswettfahrten und Langstreckenregatten waren dabei. Und immer wieder kommt, speziell wenn es einmal nicht so gut läuft, dieser eine Gedanke.
In der heurigen Saison hat mich die GANYMED schon über 3.500 Meilen begleitet. Von Anfang Mai bis Ende September hat sie gedauert. Spätestens im Oktober werden die meisten Schiffe eingewintert. Die Mannschaften, zuvorderst die österreichischen, bereiten sich auf den Winter vor. Skifahren hat ja schließlich auch seinen Reiz.
Die GANYMED mit ihrem Skipper hat da andere Pläne. Noch eine Regatta im Oktober wollen wir bestreiten. Noch einmal kurz nach Griechenland und wieder zurück. Sieben Gleichgesinnte sind schnell gefunden. Es ist uns allen klar, dass es um diese Jahreszeit auch in der Adria gefährlich werden kann. Die Ecker-Cup-Veteranen in unserer Crew können ein Lied davon singen.
Wahrscheinlich werden wir tolle Rauschefahrten, teils unter Spinnaker, erleben. Vielleicht sehen wir auch klares Herbstwetter mit strahlender Sonne und Weitsicht über 20 Meilen? Der Vollmond wird in einigen Nächten unser Begleiter sein. Ist er dann überhaupt zu sehen?
Der Herbst bringt aber auch längere Gewitter. Der Starkwind kann mehrere Tage andauern und von heftigen Regenfällen begleitet sein. Alles an Bord ist nass und klamm. Dazu kann es saukalt werden. Und dann, spätestens dann, kommt er wieder, dieser eine Gedanke: „Warum tue ich mir das an!“
Doch der Reihe nach:
- Vor dem Start sind unsere Gesichter noch völlig entspannt.
- Die letzte Stärkung vor dem Start. Gleich wird die Maschine verplombt.
- Unsere Position am Start ist nicht schlecht.
- Erst nach 60 Meilen fängt es an zu Laufen.
- Unser Blick ist aber konzentriert nach vorne gerichtet.
- Leider lassen sich Delphine nicht vorspannen.
- Keep smiling trotz wenig Wind.
- In der ersten Nacht gibt es wenigstens ein wenig Wind.
- Gegen Montag nachmittag dreht der Wind auf Süd. Der Spi kommt zum Einsatz.
- Viewpoint am Weg nach Vasiliki.
- Bardame Susi in selbstlosem und unermüdlichem Einsatz.
- Zufriedene Gesichter bei Andreas, Rudi und Albrecht.
- Fescher aber für uns zu lauter Club. Wir bleiben nicht lange.
- Günter plant die 2. Etappe.
- Die glorreiche Mannschaft der Ganymed in dezentem Gelb.
- Festungsanlage mit typisch griechischem Stilleben …
- Und wir fallen vor Brindisi in eine gähnende Flaute …
- Andreas hoch konzentriert!
- Mehr mit der Strömung treibend als segelnd überqueren wir die Ziellinie in Biograd.
- Die Unterhaltung mit Christophe ist immer wieder eine Bereicherung.
- Was erzählt mir denn der Wimmer schon wieder.
- Soll das etwa lustig sein …
- … oder gar unanständig?
- Da muss ich drüber nachdenken!!!
- Beim 2. Versuch nach Punat zu kommen setzen wir die Sturmfock.
- Grundwindstärke 45 Knoten …
Anreise:
Zusammen mit Rudi und Albrecht mache ich mich am 15.10.2015 auf den Weg nach Punat. Jeder noch so kleine Stauraum des Autos wird genützt, um unseren Proviant und die Segelausrüstung der beiden Crewmitglieder zu transportieren. Kurz vor Rijeka verlassen wir kurz die Autobahn Richtung Opatija, um in Matulji den Baumniederholer abzuholen. Der wurde noch bei der Fa. Aspar Rigging serviciert.
Den Rest des Tages verbringen wir mit dem Ausräumen nicht benötigter Ausrüstung und dem Stauen der Verpflegung. Günter und Andreas kommen erst spät nachts in Punat an. Es gibt ja schließlich auch noch Menschen, die unsere Pensionen verdienen müssen.
Nachdem es in der Nacht noch wie aus Kübeln schüttete, brechen wir morgens bei leichter Bewölkung und Sonnenschein nach Biograd auf. Den Versuch, die heutige Etappe nach Molat unter Segel zu erreichen, brechen wir bald ab. Zu leicht ist der Wind aus südlicher Richtung und zu lange die Strecke, die wir unbedingt bis zum Abend zurücklegen wollen. Unter Maschine also bis in die Bucht Jazi im Osten Molats. Ähnlich die Verhältnisse auch am nächsten Tag auf dem Weg nach Biograd.
Nachmittags müssen wir uns noch registrieren lassen. Inzwischen trifft auch Christophe ein. Er hat von Frankreich aus die weiteste Anreise. Walther und Klaus kommen mit dem Auto nach Biograd. Die Mannschaft ist komplett! Nach einer kurzen Begrüßung der Teilnehmer im Festzelt schwärmen die Crews in die Tavernen des Ortes aus.
Am Sonntag dürfen wir Zeugen eines ungewöhnlichen Schauspiels werden. Die kroatischen Behörden kommen Punkt 11 Uhr in die Marina um die Teilnehmer an „The Race“ gemeinsam auszuklarieren. Die Amtshandlung geht kompetent, freundlich und vor allen Dingen rasch über die Bühne. Da kann selbst unsere Polizei noch lernen.
Erste Wettfahrt Biograd – Levkas.
Sonntag, 14 Uhr, strahlender Sonnenschein, 0 bis 3 Knoten Wind aus unbestimmten Richtungen, spiegelglatte See. Wir laufen ins Startgebiet aus. Hier werden die Getriebe der Schiffe plombiert. Ab jetzt kann die Maschine nur noch zum Laden der Batterien benutzt werden. Dezenter Leberkäsegeruch entströmt unserer Pantry. Eine kräftige Jause inkl. Stieglbier soll uns für die kommenden Stunden stärken. Inzwischen stabilisiert sich der „Wind“ um die drei Knoten aus südlicher Richtung. Somit ist zumindest der in Aussicht gestellte Vorwindstart vom Tisch.
Der Start gelingt aus unserer Sicht gut, vor uns nur der spätere Sieger unserer Klasse Marc Schinerl mit seiner Salona 44. Die Godspeed und Abracadabra, zwei Boote aus der Gruppe mit erlaubtem Segelwechsel, folglich mit riesigen Genuas und Code 0 bei diesem Leichtwind unterwegs, holen unaufhaltsam auf. Spätestens hier hätte uns klar sein müssen, dass, sollte sich der Wind nicht gravierend ändern, es gegen die Klasse mit Segelwechsel und die um 7 t leichteren Salonas im Kampf ums Blaue Band schwer für uns würde. Bei Verlassen der inneren Inselgruppe zwischen Murvenjak und Murter liegen wir an dritter Stelle des Gesamtfeldes.
Laut mehreren Wettermodellen sollen wir von nun an mit südöstlichen Winden bis zur italienischen Küste kreuzen. In der Tat bläst der Wind aber aus nördlichen Richtungen und bringt auch noch Regen für die erste Nacht mit. Vernünftiges Wetterrouting ist ab hier für uns nicht mehr möglich. Ohne Satellitentelefon gibt es auch kein Update der Wettermeldungen. Um trotzdem ein wenig Abwechslung in unser Bordleben zu bringen, hat ein Crewmitglied das Seeventil im Badezimmer nicht geschlossen und damit eine veritable Überschwemmung angerichtet. Skipper = not amused.
Am Montag Vormittag haben wir die letzte „Feindsicht“ für lange Zeit in der Nähe der kleinen Insel Jabuka mitten in der Adria. Im Laufe des Tages schaffen wir es, teils unter Spi, nur bis Höhe Gargano. Auch die Nacht auf Dienstag verläuft unspektakulär, was den Wind betrifft. Im Morgengrauen befinden wir uns erst 40 sm nördlich von Brindisi. Ab hier setzt der Nordost mit zumindest vier bis fünf Bft. ein und bringt uns flott auf Höhe Nordküste Korfu. Inzwischen ist es Mitternacht, der Wind bricht fast völlig zusammen.
Bis Mittwoch Mittag treiben wir querab von Korfu, die Segel schlagen nervenzerrüttend, teilweise bergen wir die Genua, um das Material zu schonen. Um 13 Uhr setzt leichter Wind ein, der uns mit sechs bis neun Knoten dem Ziel näher bringt. Spannend werden dann noch die letzten 40 Meilen zum Ziel. Es ist mittlerweile wieder Nacht, der Wind dreht von SO auf Ost und nimmt kräftig zu. Gewitter stehen rings um uns. Erstmals wird das Groß gerefft. Jetzt kommen auch wieder gelegentlich Lichter anderer Boote in Sicht, sodass teilweise Matchrace-Feeling aufkommt. Eine halbe Meile vor dem Ziel müssen wir Reff 2 einbinden, der Wind hat deutlich über 30 Knoten zugelegt. Um 0330 ist es geschafft, wir gehen als siebtes Schiff durch das Ziel. Die Marketenderin „Blondl“ erwartet uns schon am Steg mit einer Flasche Ouzo.
Aufenthalt in Levkas.
Eigentlich unglaublich, aber in dem kleinen Ort Levkas haben ausserhalb der Saison einige Lokale 24 Stunden offen. Die Situation nützen wir natürlich und verputzen noch eine Pizza. Bettruhe im Morgengrauen. Der Freitag ist Aufräumarbeiten und dem Trocknen der Kleidung gewidmet. Nach inzwischen drei Überflutungen wegen nicht geschlossenem Seeventil ist auch die Bilge sanierungsbedürftig. Ich „versiegle“ das Waschbecken in der Toilette mit Kabelbinder. Vielleicht hilft’s.
Am Samstag machen wir einen Ausflug mit Leihwagen. Als erstes besuchen wir das Kloster Faneromeni im Norden Levkas. Weiter führt die Fahrt nach Vasiliki im Süden, wo wir gemütlich Mittagessen. Über enge Bergstraßen erreichen wir im Osten der Insel die Bucht Vlycho. Viele Segler nutzen die geschützte Ankerbucht, um dort ihr Schiff zu überwintern. Eine gewisse Schmerzfreiheit ist wahrscheinlich Voraussetzung um sein Schiff am Anker zu überwintern.
Im Capital-Club, leider weit entfernt von der Marina, findet dann die Siegerehrung der ersten Etappe statt. Ambiente und Stimmung sind, genauso wie das griechische Buffet, ausgezeichnet. Susi schenkt Ouzo aus, Blodl zapft Blondes vom Fass. Herz, was willst du mehr! Indoor wird uns schließlich die Musik zu laut, sodass wir uns noch in Walthers Hotel auf einen Absacker verholen.
Der Start zur zweiten Wettfahrt am Sonntag bringt ein Déjà-vu-Erlebnis. Wieder eine kräftige Mahlzeit nachdem das Getriebe verplompt wurde. Wieder strahlender Sonnenschein und um die null bis drei Knoten Wind, der bis zum Start auf vier Knoten anschwillt.
Zweite Wettfahrt Levkas – Biograd.
Der schwache Wind aus nördlicher Richtung bringt uns erst zögerlich nach Westen und über Nordwesten nach Brindisi. Nach 24 Stunden beträgt der Abstand zum Start erst 53 Meilen, Brindisi erreichen wir erst am Dienstag um 22 Uhr. Nach anfänglicher Führung liegen wir nun an zweiter Stelle hinter Robert Blecha. Endlich kommt der lange erwartete Südwind. Die Schiffe, die sich westlich an das italienische Ufer gehalten haben, darunter auch wir, bekommen den Wind als Erste ab. Hat man auf das Ostufer gesetzt, muss man fast zwei Tage vor Korfu und Albanien auf Wind warten.
Wir können jedenfalls ab Brindisi nach Norden segeln. Vor dem Wind kreuzen wir bis an das kroatische Ufer, das wir in der Nähe Rogoznicas erreichen. Unter anderem beschert der Wind einen 17-Stunden-Schlag unter Spinnaker. Ab jetzt wird es wieder spannend. Blecha mit seiner Calanthe ist unerreichbar entschwunden, der Wind frischt auf 25 Knoten auf. Wir bergen sicherheitshalber den Spi. Plötzlich taucht hinter uns im Nebel die Salona von Marc Schinerl auf. Unter Spi bei 28 Knoten Wind. Er hat sich in der Mitte der Adria an uns herangeschlichen.
Jetzt heißt es höchste Konzentration und sofort in den Matchrace-Modus schalten, wollen wir nicht auf den letzten 30 Meilen unseren Vorsprung vergeigen. Ein Höhepunkt der Spannung ergibt sich bei Zirje. Wir nehmen die Insel auf der Innenseite, Marc auf der Außenseite. Als er hinter der Insel wieder auftaucht ist sein Spinnaker „geborgen“, kein Speedunterschied mehr ersichtlich. Der Abstand zu uns beträgt konstant ca. 5 Meilen.
Mit mittlerweile auf Ost gedrehtem Wind laufen wir auf Biograd zu. Plötzlich ist es fast vollkommen windstill. 200 m vor der Ziellinie. Wir treiben mit einem Hauch und etwas Strömung durch’s Ziel. Als zweites Schiff hinter Robert Blecha.
Spätestens jetzt wissen alle, warum wir uns das angetan haben! Es war anstrengend und zugleich wunderschön! Bis zum nächsten Mal.
Den abendfüllenden Dokumentarfilm zu Regatta findest du hier: Walthers „Director’s Cut“
Hier ist der Track der Etappe Biograd – Levkas zu sehen.
Und hier der Track der Etappe Levkas – Biograd.
ERGEBNISSE:
3. Platz im Blauen Band
5. Platz in der Klasse Jachten mit Spinnaker